Was nicht eingebracht wird, muss auch nicht entfernt werden !
Im Badewasser von Becken ist eine Desinfektion mit Chlor unerlässlich, um das Risiko einer Übertragung von Krankheits-erregern von Badegast zu Badegast zu minimieren. Die Anwendung jedes chemischen Desinfektionsmittels bringt jedoch auch die Gefahr der Entstehung schädlicher Nebenprodukte mit sich.
Die Optimierung einer ausreichenden Desinfektion und die Minimierung der Bildung von toxischen Substanzen sind eine wesentliche Herausforderung in der Badewasserhygiene. Während Krankheitserreger eine akute Gefährdung der menschlichen Gesundheit darstellen, haben die unerwünschten Desinfektionsnebenprodukte eine chronische Wirkung, d. h. eine allfällige Schädigung der Gesundheit tritt erst nach Monaten oder Jahren auf.
Werden organische Verunreinigungen, wie sie durch den Badegast eingebracht werden (z. B. Körperflüssigkeiten, Hautschuppen, Kosmetika), durch die Aufbereitungsanlage nicht ausreichend entfernt, können sich durch Reaktion mit Chlor unerwünschte Desinfektionsnebenprodukte bilden. Dazu zählen hauptsächlich Trihalogenmethane (THM), wie Chloroform, die krebserregende Wirkung haben.
Die Untersuchung von Trihalogenmethanen in gechlortem Badewasser ist aus folgenden Gründen erforderlich und zweckmäßig. Einerseits dient die Untersuchung dazu, um rechtzeitig erkennen und verhindern zu können, dass Badegäste und das Personal durch erhöhte Konzentrationen an THM gefährdet werden.
Andererseits stellt der Parameter THM einen wertvollen Indikator dar, um abschätzen zu können, ob die Badewasseraufbereitung in technischer und betrieblicher Hinsicht so beschaffen ist, dass die Bildung schädlicher Desinfektionsnebenprodukte minimiert wird.
Umfassende Vorschriften
In der BäderhygieneVerordnung - BHygV 2012 (BGB1. II Nr. 33/2023) sind ein Sollwert von maximal 20 µg /1 und ein Grenzwert von 100 µg/1 für THM im Beckenwasser festgelegt. Der Richtwert von 20 µg/1 ist jedenfalls anzustreben. Bei dessen Überschreitung sind Maßnahmen, wie z. B. eine Kontrolle und Optimierung der Wasseraufbereitungsanlage, zu setzen.
Neben der Entstehung von THM im Zuge der Desinfektion des Badewassers könnte ein Eintrag von THM auch über das Füllwasser erfolgen, wenn es sich um gechlortes Trinkwasser handelt.
In der Richtlinie 98/83/EG über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch" ist für den chemischen Parameter „Trihalogenmethane insgesamt" ein Parameterwert von 100 ug/1 festgelegt.
Die nach dieser Richtlinie von den Mitgliedstaaten in nationalen Verordnungen festzusetzenden Werte dürfen nicht weniger streng, aber sehr wohl strenger sein. In Umsetzung dieser Richtlinie wurde in der österreichischen Trinkwasserverordnung (BGB1. II Nr. 304/2001) als Mindestanforderung für die Eignung des Wassers als Trinkwasser für den Parameter „Trihalogenmethane insgesamt" ein Parameterwert von 30 µg/1 festgesetzt.
Das aus einer Wasserversorgungsanlage gemäß Trinkwasserverordnung stammende Füllwasser für Becken darf somit maximal 30 µg/1 THM aufweisen. Da in Österreich die höchstzulässige Konzentration an Chlor im Trinkwasser 0,3 mg/1 nicht überschreiten darf, treten in der Praxis deutlich geringere Konzentrationen an Trihalogenmethanen im Trinkwasser auf. Somit ist nicht zu erwarten, dass durch das Füllwasser ein nennenswerter Eintrag an THM erfolgt, der die Einhaltung eines Wertes von 20 µg/1 im Badewasser behindern würde.
In zwei österreichischen Bundesländern wurden Untersuchungen zum Auftreten von THM in den Beckenwässern von 40 Bädern durchgeführt. Die Ergebnisse waren durchwegs erfreulich, da der Mediän der Konzentrationen an THM bei lediglich 10 µg/1 bis 12 µg/1 lag. In Salzwasserbädern wurden generell höhere Werte beobachtet, die mit der Qualität des verwendeten Salzes in Zusammenhang gebracht werden. Hier besteht noch weiterer Optimierungs- und Untersuchungsbedarf. Interessanterweise wurde keine Korrelation der Konzentrationen an THM mit jenen von gebundenem Chlor festgestellt. Gebundenes Chlor entsteht ebenfalls durch Reaktion von Chlor mit organischen Verbindungen.
Da organische Verunreinigungen, die zur Bildung unerwünschter Desinfektionsnebenprodukte führen, nahezu ausschließlich durch die Badegäste eingebracht werden, können Badegäste durch ihr Verhalten wesentlich zu einer guten Badewasserqualität beitragen. Duschen vor dem Besuch eines Badebeckens und das Einschränken übermäßigen Gebrauchs von Kosmetika ist eine wesentliche Maßnahme zur Reduktion von Desinfektionsnebenprodukten. Fazit: Was nicht ins Badewasser eingebracht wird, muss auch nicht entfernt werden. Unser Appell an die Badegäste: vor dem Badevergnügen - bitte duschen!
ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz Mascher